Warum Führungsrolle nichts mit Schauspielen zu tun hat

Im Kontext von Führung wird oft von der Rolle einer Führungskraft gesprochen. Wir hatten in einem unserer letzten Workshops einen Aha-Moment, den wir unbedingt mit Euch teilen wollen, weil wir ihn für einen der wichtigsten Schritte hin zu New Work erleben.


Wir waren in einem Unternehmen, in dem sich die Führungkräfte nach dem Lockdown die ersten Male wieder in einem Raum trafen und mutig über ihre Emotionen und Bedürfnisse sprachen. Es war eine besondere Atmosphäre der Achtsamkein im Raum und jeder hörte dem anderen zu. Viele sprachen über die Belastungen und Herausforderungen und dass es gar nicht so einfach ist, manche weinten sogar. Später kam die Idee auf, diese Runden auch mit den Mitarbeitern zu gestalten und wir entwickelten ein kleines Trainingsformat, das die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern selbst umsetzen konnten. Die Aufgabe hieß: Geh in den Vertrauensvorschuss und erzähle ehrlich wie es Dir als Führungskraft geht anhand der Changekurve, anschließen frage wie es Deinen MItarbeitenden geht und kommt in den Austausch. Wir übten diese Moderationsrolle und plötzlich verwandelten sich die Führungskräfte in sachliche, positiv denkende, motivierende Entertainer und Förderer und taten so, als wäre alles ok wie immer, sie kämen super klar mit allem und eigentlich ist doch alles völlig in Ordnung.

Wir brachen an der Stelle ab und ließen die Führungskräfte vergleichen, wie es am Morgen in ihrer Runde war und wie es nun in der Moderatorenrolle als Führungskraft war. Allen fiel sofort auf, wie sie in de gewohnte Rolle verfallen. Ihnen wurde schnell klar, dass kein Mitarbeitender offen und ehrlich von sich erzählen wird, wenn die Führungskraft mit so einem Beispiel vorangeht.

Also warum waren sie zuerst so konstruktiv ehrlich und offen und später so distanziert? Weil sie meinten, so ginge die Rolle einer Führungskraft "zu spielen". Die Rolle einer Führungskraft beschreibt klassischerweise eine Rolle im organisatorischen Sinne und diese wird mit einer Methode beschrieben, z.B. VBAQ (Verantwortung, Befugnisse, Aufgabe, Qualifikationen), hier geht es um die Beschreibung des Aufgabenfeldes. Es scheint aber parallel dazu noch eine 2. Rolle zu geben, nämlich diejenige die viele meinen spielen zu müssen um professionell zu wirken.

Es gibt eine Vorstellung von Führungkraft, die in vielen Köpfen verankert ist und dazu gehören Atribute, wie: stark, souverän, klar, allwissend, schlagfertig, überschauend, stabil, positiv, motivierend. Das führt dazu, dass Führende einem Rollenbild hinterherlaufen, das sie natürlich nicht sind, denn niemand vereint diese Eigenschaften alle und permanent in sich. Die gute Nachricht: Das muss zum Glück auch niemand! Denn diese Rollenvorstellungen stammen aus Zeiten, als noch autoritär und mit Macht geführt wurde. Damals wurde jede emotionale Regung als Schwäche interpretiert. Man nahm an, dass die Mitarbeitenden die Achtung verlieren würden, anfangen am Stuhl zu sägen, ihren Job nicht mehr machen und auf den Tischen tanzen. Wenn man mit Macht führen will, dann mag das alles stimmen, denn dann basiert Führung darauf, die Mitarbeiter permanent in Angst und Stress zu halten. Nun hat man in den letzten Jahrzehnten aber herausgefunden, dass Angst und Stress Leistungskiller sind und autoritäres Verhalten bei Mitarbeitern zudem dazu führt, dass sie nicht mitdenken, keine Entscheidungen treffen, Dienst nach Vorschrift machen usw. Also Weg mit dieser antiquierten Rolle, könnten wir sagen, doch das ist gar nicht so einfach. Denn diese Rolle hat auch ein Stück weit eine Schutzfunktion, eine Art gespielte Rolle, hinter der sich Führungskräfte verstecken können, um nicht verletzlich zu sein. Es ist viel leichter hinter dieser Rolle zu bleiben, als sich als ganzer Mensche zu zeigen. Wer sich allerdings New Work auf die Fahne geschrieben hat, der ist eingeladen, sich zu zeigen, als Mensch, der er auch privat ist, ohne Rolle, ohne so-tun-als-ob, verletzlich, antastbar, auf gleicher Höhe, manchmal überfordert, nie alles wissend, sich freuen und wütend sein.

Oder wie Fritjof Bergmann, der Urvater der New Work, es beschrieb: Als ganzer Mensch da sein. Wir denken, das ist eine der größten Herausforderungen für Führende, die Jahrzehnte lang gelernt haben, ihre Identität an der Garderobe aufzuhängen und in eine Rolle zu schlüpfen. Das ist eine der Hauptherausforderungen für New Work Leadership


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